Potentieller Fachkräftemangel
Egal, wie man am 23. Juni letzten Jahres gewählt hat – es gibt keine Zweifel daran, dass die Konsequenzen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union noch für längere Zeit bis ins kleinste Detail diskutiert werden wird. Da es schwierig ist, umfassend zu beurteilen, welche tiefgreifenden Auswirkungen dies auf den grenzüberschreitenden Handel und EU-Arbeitskräfte haben wird, gehe ich davon aus, dass der Brexit kurz- und langfristig zu einem Fachkräftemangel führen wird, den Unternehmen überwinden müssen.
In der nächsten Zeit werden die Verhandlungen um Zölle, Kontingente und Formalitäten weiterhin Schlagzeilen liefern. Jedes Unternehmen, das im Moment auslagert oder Subunternehmerverträge abgeschlossen hat – z. B. für einen Bereich seiner Arbeitskräfte, Lösungsentwicklung oder Support – wird vom Ausgang dieser Verhandlung stark abhängig sein. Zweifellos planen einige Unternehmen bereits jetzt für alle Eventualitäten vor, wie z. B. Standortverlagerung oder Anwerbung von Arbeitskräften außerhalb der EU, wenn diese auf den britischen Inseln nicht mehr verfügbar sind.
In der Schwebe
Vieles ist noch in der Schwebe. Auf die Cloud selbst hat Brexit keine Auswirkungen. Jedoch tragen Hostingverträge und die Art der Cloud (Private, Public oder Hybrid) zu den Gesamtkosten des Unternehmens bei. Unternehmen im Vereinigten Königreich sollten nicht zu schnell damit sein, ihre Cloud-Hostingumgebung außerhalb des Landes zu verlagern, bis die Auswirkungen des Brexits vollkommen beurteilt werden konnten. Unternehmen sollten, je nach Ausgang, die bestmöglichen Lösungen für sich und ihre Kunden feststellen. Zudem sollen sie sich darauf vorbereiten, Strategien für jedes Szenario umzusetzen zu können.
Während manche Beobachter der Meinung sind, dass die Preise der Cloud durch den Brexit steigen könnten, glaube ich nicht, dass dies der Fall sein wird. Das Vereinigte Königreich ist international gesehen ein Vorreiter darin, Unternehmen cloud-fähig zu machen. Dies hat zu einem intensiveren Wettbewerb im Inland geführt, in dem sich mehrere Unternehmen nun einen Teil des Kuchens teilen. Diese nicht-monopolistische, makroökonomische Marktdynamik wird die Preise im Zaum halten.
Cloudbereitstellung ist im Vereinigten Königreich ein großes Geschäft und es ist unwahrscheinlich, dass sich dies nach dem Brexit ändern wird. Obwohl es derzeit schwierig zu prognostizieren ist, ob Cloud-Anbieter ihr Geschäft im Vereinigten Königreich schließen werden oder nicht, wage ich dieses Ergebnis zu bezweifeln.
Bedeckte Gesetzgebung
Datenschutzgesetzgebungen in ihrer derzeitigen oder neuen Form nach dem Brexit werden und sollen erlassen werden, um den Verbraucher zu schützen. Wie zuvor auch, sind Verbraucher heute in Bezug auf Datensicherheit besorgt. Deshalb würde ich die Regierung ermutigen, die Details der Verhandlungen bezüglich Datensicherheitsgesetzgebung vollständig zur freien Verfügung zu stellen, damit eine öffentliche Debatte über diese Gesetzgebung stattfinden kann.
Unabhängig vom Ausgang der Brexit-Verhandlungen hat die bevorstehende Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) Auswirkungen auf Unternehmen in zwei Bereichen. Zuerst müssen diese ihre derzeitigen Datenerfassungs- und Datenspeicherungssysteme untersuchen, um sicherzugehen, dass diese vollständig mit der neuen Regelung konform sind. Zweitens müssen Unternehmen neue interne Prozesse einführen und ihr Personal auf den neuesten Stand bringen, wie sie Daten teilen und darauf zugreifen. Die Geldstrafen bei Nichteinhaltung sind erheblich und auf Unternehmen, denen eine Datenschutzverletzung nachgewiesen wird, kann eine Geldstrafe von bis zu 20 Mio. € oder 4% des Jahresumsatzes (je nachdem, was größer ist) zukommen.
Datenhaltung vor Ort
CIOs haben oft den Wunsch, ihre Daten so nah wie möglich vor Ort zu halten. Sogar vor dem Brexit wollten viele nur Geschäfte mit Unternehmen schließen, die eine Versicherung abgeben, dass ihre Daten nie das Vereinigte Königreich verlassen werden. Dies kann von KMUs und Unternehmen aus dem öffentlichen Bereich einfach umgesetzt werden. Schwierig wird dies aber für internationale Unternehmen mit Standorten in mehreren Ländern und mobilem Personal. Die richtige Strategie, wo man seine Daten halten soll, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich und hängt stark davon ab, wie die Daten innerhalb des Unternehmens verwendet werden.
Zeit zur Prüfung
In den nächsten 12 Monaten sollten Unternehmen ihre derzeitige Cloudbereitstellung umfassend prüfen. Dies wird ihnen helfen, ein besseres Verständnis darüber zu bekommen, wie ihre Daten derzeit gespeichert und verwendet werden, sowie in welcher Form darauf zugegriffen wird. Das stellt ebenso sicher, dass Sicherheitseinhaltung, Disaster-Recovery-Pläne und Kundenpräferenzen besser priorisiert werden können. Dieser Vorschlag sollte als Ausgangspunkt verwendet werden, um die unterschiedlichen Szenarien nach dem Brexit zu evaluieren, wenn die Auswirkungen auf die Cloudbereitstellung verständlicher sind.
Unternehmen jeglicher Größe sollten eine Analyse durchführen, um festzustellen, welche Fähigkeiten notwendig sind, um auch weiterhin einen Wettbewerbsvorteil zu haben, und welche Art von Personal benötigt wird, um mittel- und langfristig ihre strategischen Ziele zu erreichen.
Ich würde Unternehmen zudem empfehlen, branchenspezifischen Gruppierungen und Foren beizutreten oder zumindest von diesen auf dem Laufenden gehalten zu werden. Diese Interessensgruppen sind in der Lage, die Regierung während der Brexit-Verhandlungen mit Informationen zu versorgen und auf diese Einfluss zu nehmen, damit die Ergebnisse Ihren Bedürfnissen gerecht werden.
Verfasst von Dominik Birgelen, CEO, oneclick AG